History of the Peloponnesian War

Thucydides

Thucydides. Vier Staatsreden aus Thucydides. Gürsching, Heinrich, translator. Augsburg: Wirth, 1856.

Wie vorteilhaft aber! Gehen wir nur frisch, ohne diese geschulte Abhältung und statt mit einer gebotenen, mit natürlicher Tapferkeit in den Kampf, so brauchen wir uns nicht mit künftigem Ungemach im voraus zu mühen, ohne doch in der Stunde der Entscheidung weniger Entschlossenheit zu zeigen, als sie, die sich immer quälen; so dass Athen auch hierin gleich bewunderungswürdig dasteht, wie in so vielem.

Hier blüht Kunstsinn neben Sitteneinfalt, und die Wissenschaften ohne Ueberfeinerung; der'Reichthum dient nicht der Hoffahrt, sondern dem Unteraehmungsgeiste, und die ehrliche Armuth wird nirgends beschämt, vielmehr die stumpfsinnige, arbeitsscheue ist eine Schande.[*]()

Hier versteht es der Staatsmann zugleich Geschäftsmann zu sein, und der Handwerker ist mit der Regierungskunst wohl bekannt; denn wer hierin ein Fremdling bleibt, der blosse Privatmann, wird nirgends so als Tagdieb angesehen.

Hier ist es der Bürger, der in Staatssachen das Beste rathet oder doch beschliessen hilft; denn die Besprechung schadet der Thatkraft nicht, sondern gerade die Kurzsichtigkeit, welche dem Rufe zur That folgt, ehe sie sich nur darüber hat belehren lassen. Denn das ist ein weiterer Vorzug, dass bei uns die kühnste Entschlossenheit durch die vorsichtigste Berechnung nicht leidet, während sonst der Muth nur aus Unkunde, aus Ueberlegung aber Unentschlossenheit entspringt. Und gibt es wohl eine grössere Seelenstärke als die Besonnenheit, die Gefahr und Genuss wohl kennt und sich doch dadurch die Lust am Kampfe nicht rauben lässt?

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