History of the Peloponnesian War
Thucydides
Thucydides. Geschichte des Peloponnesischen Kriegs. Braun, Theodor, translator. Leipzig: Insel-Verlag, 1917.
„Unser altes Selbstvertrauen aber, das uns schon damals, als wir noch unerfahren waren, den Mut eingab, den Kampf zu wagen, ist gewachsen, seitdem wir die Stärksten besiegt und uns jetzt noch davon überzeugt haben, daß wir auch ihnen über legen sind, nnd wir rechnen deshalb alle mit doppelter Zu versicht auf den Sieg. Je größer aber die Zuversicht, um so größer auch die Freudigkeit zur Schlacht. An die Einrichtungen, die sie uns nachgemacht, sind wir bei unserer Kampfesweise schon gewöhnt, und sie werden uns mit alledem keine Über
„Diesen also erschütterten und an ihrem Glück verzweifeln den Erzfeinden wollen wir nun nach Herzenslust zu Leibe gehen und daran denken, daß wir nicht nur volles Recht haben, unsern Mut an ihnen zu kühlen und sie für ihren ruchlosen Angriff zu bestrafen, sondern jetzt auch in der Lage sind, uns an unseren Feinden zu rächen, und daß, wie es im Sprichwort heißt, die Rache süß ist. Daß sie unsere Feinde, unsere bösesten Feinde sind, wißt ihr alle. Sind sie uns doch ins Land gekommen, um uns zu unterjochen, und wenn ihnen das gelungen, so würden sie den Männern grausam zugesetzt, Weiber und Kinder schandbar mißhandelt und der ganzen Stadt Schimpf und Schande angetan haben. Deshalb darf man nicht aus Mit leid den Großmütigen gegen sie spielen oder etwa glauben, es wäre das beste, sie unbehelligt abziehen zu lassen. Das werden sie schon sowieso tun, auch wenn sie uns besiegt haben. Nur
Nachdem die syrakusischeu Feldherren und Gylippos auch ihrerseits die Ihrigen also ermutigt hatten und sahen, daß die Athener sich einschifften, bemannten auch sie unverzüglich ihre Schiffe. In diesem Augenblick aber, wo die Flotte schon im Begriff war auszukaufen, hatte Nikias, der die Größe und die Nähe der Gefahr erkannte, den Kopf verloren und glaubte, wie es in solchen kritischen Lagen geht, mit allem, was bisher geschehen, sei es noch nicht genug, und man habe den Leuten das Nötige noch nicht gesagt. Er ließ sich also die Schiffs hauptleute noch einmal alle einzeln kommen, redete sie mit Vor- und Vaternamen an, wußte, wo sie her waren, und er ma hnte jeden, der sich schon irgendwie ausgezeichnet hatte, der alten Tapferkeit auch diesmal Ehre zu machen, und die, welche berühmte Vorfahren hatten, den Ehrenschild der Väter rein zu halten. Er erinnerte sie an das Vaterland, wo man sich der höchsten Freiheit erfreue und es jedem möglich sei, sein Leben nach Gefallen einzurichten, sagte ihnen auch sonst noch allerlei, was man den Leuten ohne Rücksicht darauf, daß sie es doch nur für abgenutzte Redensarten halten, in solchen Lagen zu sagen pflegt, von Weibern und Kindern und heimischen Göttern und womit man den Leuten bei solcher Gelegenheit immer in den Ohren liegt, wenn man es in der augenblick lichen Bestürzung eben für nützlich hält. Nachdem er ihnen seiner Meinung nach, wenn auch nicht genug, so doch daS Notwendigste gesagt, setzte er sich selbst mit dem Landheere in Bewegung, führte es an den Strand und ließ es dort eine möglichst ausgedehnte Stellung nehmen, um dadurch den Mut der Mannschaft auf den Schiffen zu beleben. Demotshenes, Menandros und Euthydemos aber, welche den Befehl auf der [*]( u )
Die Syrakuser und ihre Verbündeten führten ungefähr die gleiche Anzahl Schiffe ins Gefecht wie früher und stellten sie zum Teil am Ausgange des Hafens, zum Teil rings um den ganzen übrigen Hafen auf, um die Athener von allen Seiten zu fassen, und gleichzeitig wurde das Landheer auf die * Stellen, wo Schiffe anlanden konnten, zu deren Unterstützung verteilt. Die Flotte der Syrakuser befehligten Sikanos und Agatharchos, so daß jeder einen Flügel des Ganzen unter sich hatte, während Pythen und die Korinther die Mitte bildeten. Als die Athener an die Sperre kamen, suchten sie die dort verstellten Schiffe im ersten Anlauf zu überwältigen und den Verschluß zu sprengen. Nun aber drangen die Syrakuser und ihre Verbündeten von allen Seiten auf sie ein, und es ent spann sich nicht nur an der Sperre, sondern über den ganzen Hafen eine Schlacht gewaltiger als die vorigen. Auf beiden Seiten war der Ungestüm der Matrosen, den befohlenen Stoß auf ein feindliches Schiff auszuführen, nicht minder groß wie die Geschicklichkeit und der Wetteifer der Steuerleute, ihm auszuweichen. Die Soldaten auf dem Verdeck setzten alles dran, wenn zwei Schiffe aneinander gerieten, zu beweisen, daß sie an Geschicklichkeit niemand nachständen, und jeder einzelne tat sein Bestes, um es in seinem Fach allen anderen zuvor zutun. Noch nie hatten in einer Schlacht so viel Schiffe in einem so engen Raum gefochten wie hier; denn auf beiden Seiten waren es zusammen beinah zweihundert. Da es in dem Gedränge nicht möglich war, rückwärts zu rudern oder den feindlichen Schiffen durch die Ruder zu fahren, so kam es nur selten zu regelrechten Angriffen, desto häufiger aber, wenn ein Schiff auf der Flucht oder im Angriff auf ein anderes zufuhr, zu zufälligen Zusammenstößen. Solange ein Schiff sich einem anderen näherte, überschütteten es die Schützen auf dem Verdeck mit Wurfspießen, Pfeilen und Steinen, wenn
Während die Schlacht unentschieden hin und her schwankte, verfolgte das Landheer beiderseits deren Verlauf in ängstlicher Spannung. Die Einheimischen wetteten, die Sache würde sich für sie immer noch günstiger gestalten, die Athener und ihre Verbündeten fürchteten, daß ihre Lage noch schlimmer werden möchte als bisher. Da für die Athener alle Hoffnung auf der Flotte beruhte, waren sie in unbeschreiblicher Angst, was werden würde, und bei dem ungleichmäßigen Verlauf der
Nach dieser heißen Schlacht, in der beide Teile viele Menschen und Schiffe verloren und die Syrakuser und ihre Verbündeten den Sieg davongetragen hatten, fuhren diese, nachdem sie ihre Schiffstrümmer und ihre Toten geborgen, an die Stadt zurück und errichteten ein Siegeszeichen. Die Athener dachten bei der Größe des Unglücks, das sie betroffen, nicht einmal daran, um die Herausgabe ihrer Toten und ihrer Schiffstrümmer zu bitten, sondern wollten noch in dieser Nacht gleich abziehen. Demosthenes aber ging zu Nikias und schlug ihm vor, ihre noch vorhandenen Schiffe zu bemannen und damit bei Tagesanbruch womöglich die Ausfahrt zu erzwingen, indem er verischerte, daß sie immer noch mehr brauchbare Schiffe hätten als die Feinde. Die Athener hatten nämlich -loch gegen sechzig Schiffe, die Gegner aber kaum fünfzig. Nikias trat auch seiner Meinung bei; als jedoch die Schiffe bemannt werden sollten, weigerten sich die Leute, an Bord zu gehen, da sie durch die Niederlage völlig entmutigt waren und an keinen Sieg mehr glaubten. So wurde denn allerseits be schlossen, zu Lande abzuziehen.
Hermokrates in Syrakus aber vermutete ihre Absicht und hielt es für gefährlich, wenn ein so zahlreiches Heer zu Lande abzöge und sich irgendwo in Sizilien festsetzte, um von dort den Krieg gegen Syrakus wieder aufzunehmen. Er wandte sich deshalb an die Regierung und stellte ihr vor, man dürfe die Athener nicht bei Nacht abziehen lassen, wie er das ja vermutete, sondern die Syrakuser und ihre Verbündeten müßten mit dem ganzen Heere ausrücken, ihnen die Wege durch Ver haue sperren und die Pässe verlegen. Dort war man zwar derselben Meinung und hielt es ebenfalls für zweckmäßig, so zu verfahren, fürchtete jedoch, daß die Leute, welche froh wären, sich nach der großen Schlacht erst mal auszuruhen, dafür schwerlich zu haben sein würden, zumal grade Feiertag wäre. (An dem Tage wurde nämlich das HerakleSfest in Syrakus