History of the Peloponnesian War

Thucydides

Thucydides. Vier Staatsreden aus Thucydides. Gürsching, Heinrich, translator. Augsburg: Wirth, 1856.

Und welche Proben haben wir nicht von unserer Macht abgelegt, unvergängliche Denkmale, die uns die Bewunderung der Mit - und Nachwelt sichern! Unser Ruhm bedarf keines Homeres mehr, keines Dichters, dessen Gesänge zwar den Hörer erfreuen, während doch seine vermeintlichen Kämpfe vor der Prüfung nicht bestehen können; vielmehr

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hat sich unser Schwert zu jedem Land und Meer unaufhaltsam den Zugang erstritten und überall bleibende Denkmale von Strafe und Belohnung hinterlassen.

Und dies ist das Vaterland, um dessen Besitz unsere Todten im ruhmvollen Kampfe gefallen sind, und welches auch uns Ueberlebende alle zu jeglichem Opfer verpflichtet.

Darum eben habe ich auch bei dem Preise des Vaterlandes verweilt, um den Beweis zu führen, dass es ein höheres Gut ist, wofür wir kämpfen, als die, welche keinen dieser Vorzüge in gleichem Grade besitzen, und damit das Verdienst der Männer, denen ich hier die Grabrede halte, durch Thatsachen ins Licht zu setzen.

Ja im Grunde ist dasselbe schon bezeichnet. Denn alles Herrliche, das wir an dem Vaterlande gepriesen, verdankt es ihnen oder Männern von ihren Tugenden, und gleichwie bei den gefeiertsten Männern Griechenlands wiegen ihre Thaten jede Lobrede auf. Sehet ihr Sterben an: als Helden haben sie sich angekündigt, als Helden bis ans Ende bewährt.

Muss ja schon der gewöhnliche Mensch wegen patriotischer Tapferkeit im Kriege werth gehalten werden[*]() , da er das Böse durch Gutes in Vergessenheit gebracht und durch bürgerliche Tugend mehr genützt, als im Privatleben geschadet hat. —

Von diesen aber hat keinem der lockende Genuss des Reichthums die Entschlossenheit geraubt, keinen die Hoffnung des Armen auf künftiges Glück und Reichthum mit seiner Pflicht markten lassen. Allein von dem Wunsche beseelt, den Feind zu züchtigen, und im Gefühle der grossen Sache, für die sie stritten, wollten sie auf dem Schlachtfeld den Sieg und die Erfüllung ihrer Wünsche finden, so doch dass sie den dunkeln Ausgang ruhig dem Glücke vertrauten und der Wirklichkeit, dem Ernst des Augenblicks die männliche Zuversicht auf die eigene Kraft entgegensetzten[*]() . In der Schlacht selbst achteten sie nicht Tod und Wunden,

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keiner wich und rettete das Leben, sondern wahrte die Ehre und erwartete den Todesstreich, und als sie dem Geschick seinen kurzen Triumph lassen musten, schieden sie ohne Bangen, im Vorgenuss ihres Ruhmes.