History of the Peloponnesian War

Thucydides

Thucydides. Vier Staatsreden aus Thucydides. Gürsching, Heinrich, translator. Augsburg: Wirth, 1856.

Ihrer Tapferkeit dankt noch jetzt das Vaterland seine Freiheit, und nie haben Wanderungen die Reihe von Geschlechtern unterbrochen,

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die sie uns überliefert. Und dieser Dank, den wir ihnen zollen, gebührt er nicht mehr noch unsern Vätern, die zu dem Erbe der Vorzeit noch das mächtige Reich, das wir beherrschen, wahrlich nicht mühelos erworben und dem jetzt lebenden Geschlechte hinterlassen haben?

Seine jetzige Ausdehnung aber haben wir selber, die Männer in mittleren Jahren der gegenwärtigen Generation, ihm gegeben[*]() und dem Vaterlande zu dem unbedingtesten Besitz aller Hülfsmittel für Krieg und Frieden verholten.

Von den Kriegsthaten und Eroberungen dieser Männer, von all' den Angriffen fremder oder griechischer Völker, die wir oder unsere Väter muthig zurückgeschlagen, will ich schweigen, um kurz zu sein über allgemein Bekanntes.

Vergegenwärtigen wir uns dagegen vor allem die eigentümliche Lebensrichtung, die sie so weit gebracht, die politischen und die sittlichen Ursachen unserer Grösse, ehe wir zu dem Lob der Gefallenen selbst übergehen,— ein Gegenstand, der gewiss einer solchen Feier angemessen und für keinen in dieser Versammlung, sei er Fremder oder Bürger, ohne Nutzen sein wird.

Wir erfreuen uns einer Verfassung, welche nicht entstanden aus der Uebertragung fremder Gesetze, keine Nachahmung, sondern vielmehr selber ein würdiges Vorbild für andere ist. Mag sie Volksherrschaft heissen, sofern die Bürgerschaft, nicht ein Adel der Berechtigte ist[*]() ; aber bei aller Gleichheit, welche das Gesetz den persönlichen Unterschieden gegenüber allen gewährt, ist es doch lediglich die Tüchtigkeit, wo sie sich auch hervorthun mag, welche den Rang bestimmt und den Weg zu Ehren und Würden bahnt, ja auch für den Aermsten, wofern er

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nur dem Staate zu nützen vermag, bildet seine niedrige Stellung kein Hindernis.